Hat der Black Friday seinen Zenit erreicht?
Wir alle kennen ihn, den Black Friday – oder besser gesagt: die Black Week, Black Month und wer weiß, was als Nächstes kommt. Was einst als ein einziger Tag voller Rabattaktionen begann, hat sich zu einem übertrieben langen Zeitraum entwickelt, der uns schon Wochen vor dem eigentlichen Ereignis mit Werbebannern, Newsletter-Fluten und vermeintlich unschlagbaren Angeboten überrollt.
Doch bei all dem Hype stellt sich eine Frage: Hat der Black Friday seinen Zenit überschritten? Erste Zahlen deuten darauf hin, dass die Faszination für den „spannendsten“ Verkaufszeitraum des Jahres schwindet. Eine aktuelle Studie zeigt, dass nur noch knapp 46 % der Befragten den Black Friday als relevant empfinden – ein deutlicher Rückgang im Vergleich zu den Vorjahren. Haben die Konsumenten genug von diesem Übermaß an Rabatten, Preismanipulationen und Konsumzwang? Zeit für eine kritische Auseinandersetzung.
Die Geschichte des Black Friday
Der Ursprung des Black Friday liegt – wie könnte es anders sein – in den USA. Der Begriff tauchte erstmals in den 1950er-Jahren auf, als Händler am Freitag nach Thanksgiving mit hohen Rabatten versuchten, das Weihnachtsgeschäft einzuläuten. Der Name „Black Friday“ wurde populär, weil die Geschäfte an diesem Tag aus den roten Zahlen („Verlust“) in die schwarzen Zahlen („Gewinn“) wechselten.
Mit der Globalisierung fand der Black Friday seinen Weg nach Europa. In Deutschland etablierte er sich ab den 2010er-Jahren und gewann rasant an Bedeutung. Interessanterweise war es anfangs die Elektronikbranche, die den Black Friday in Deutschland populär machte. Heute ist praktisch jede Branche vertreten, von Mode und Kosmetik bis hin zu Lebensmitteln. Von einem einzelnen Tag wurde es bald eine ganze Woche, in der Händler alles daran setzten, die Aufmerksamkeit der Konsument*innen zu erhaschen – oft um jeden Preis.
Psychologie und Dynamik der Black Week
Warum sind wir so empfänglich für den Black Friday? Die Antwort liegt in der Verkaufspsychologie und den Tricks der Marketingindustrie. Händler nutzen psychologische Tricks, um den Anschein zu erwecken, dass wir etwas verpassen, wenn wir nicht sofort zugreifen.
- FOMO (Fear of Missing Out): Begrenzte Angebote oder Countdown-Timer suggerieren künstlichen Zeitdruck. Dies erzeugt nicht nur Stress, sondern schaltet auch kritisches Denken aus.
- Ankerpreise: Produkte werden mit vorher überhöhten Preisen ausgezeichnet, sodass die Rabatte größer erscheinen, als sie tatsächlich sind. Studien zeigen, dass viele Konsumenten die tatsächlichen Preise oft gar nicht mehr hinterfragen.
- Massenphänomen: Social Media und Werbung verstärken das Gefühl, dass „alle dabei sind“ – und niemand möchte der oder die Letzte sein, der ein Schnäppchen verpasst. Influencer und Stars spielen dabei eine entscheidende Rolle, indem sie vermeintlich authentische Kaufempfehlungen geben und so den Hype weiter anfeuern.
Für viele Unternehmen hat der Black Friday jedoch auch eine Kehrseite: Sie sind fast schon gezwungen, mitzumachen. Händler, die sich dem Trubel entziehen, riskieren Umsatzeinbußen, da ihre Konkurrenz auf allen Kanälen wirbt. Besonders kleinere Unternehmen kämpfen in dieser Zeit oft mit Margendruck, da die Rabattschlachten von den großen Playern wie Amazon dominiert werden.

Preismanipulation und Marketing-Tricks
Viele Angebote, die uns am Black Friday als „unschlagbar“ verkauft werden, sind alles andere als das. Untersuchungen zeigen, dass zahlreiche Produkte kurz vor der Black Week bewusst verteuert werden, um die Rabattspanne künstlich zu erhöhen. Oft sind die Preise sogar nach der Rabattschlacht günstiger als während des Hypes.
Ein weiteres Beispiel sind sogenannte „exklusive Black-Friday-Deals“, die sich bei genauerem Hinsehen als Ladenhüter entpuppen. Häufig handelt es sich um ältere Modelle, Sonderanfertigungen oder Produkte, die speziell für Rabattaktionen gefertigt wurden und qualitativ nicht mit der regulären Ware mithalten können.
Auch hier spielt die Psychologie eine entscheidende Rolle: Begriffe wie „nur heute“ oder „limitiertes Kontingent“ erhöhen die Kaufbereitschaft, selbst wenn der vermeintliche Deal kaum einen echten Vorteil bietet. Diese Taktiken führen dazu, dass viele Konsument*innen blind zugreifen – ein Effekt, den Marketingexperten bewusst ausnutzen.
Unnützer Konsum und die Schattenseite des Kaufrauschs
Ein treffendes Zitat aus dem Film Fight Club beschreibt das Konsumverhalten vieler Menschen:
„Von dem Geld, das wir nicht haben, kaufen wir Dinge, die wir nicht brauchen, um Leuten zu imponieren, die wir nicht mögen.“
Der Black Friday bringt dieses Verhalten auf die Spitze. Menschen kaufen Produkte, die sie oft nicht benötigen, nur weil sie glauben, ein Schnäppchen zu machen. Doch was bleibt? Ein leeres Konto und Dinge, die bestenfalls im Keller landen.
Der übermäßige Konsum belastet zudem die Umwelt: Der Anstieg an Retouren und Verpackungsmüll in dieser Zeit ist immens. Laut Studien führt die Rabattzeit zu einem deutlichen Anstieg des CO₂-Ausstoßes durch erhöhten Transportaufwand. Gleichzeitig werden viele Retouren entsorgt, da sie für Händler oft teurer sind, als sie erneut zu verkaufen.

Die Gegenbewegung
Inmitten des Black-Friday-Rausches gibt es eine wachsende Gegenbewegung. Unternehmen wie Patagonia oder Everlane boykottieren den Aktionstag bewusst und setzen stattdessen auf nachhaltige Initiativen. So spendet Patagonia beispielsweise die Einnahmen aus dem Black Friday an Umweltprojekte, anstatt Rabatte anzubieten.
Auch Verbraucherer schließen sich zunehmend an, indem sie bewusst weniger oder gar nichts kaufen. Bewegungen wie der „Green Friday“ oder „Buy Nothing Day“ setzen ein Zeichen gegen den Konsumzwang und fördern nachhaltigere Alternativen. Plattformen wie „Too Good To Go“ nutzen die Aufmerksamkeit, um auf Lebensmittelverschwendung aufmerksam zu machen und ein Umdenken in der Gesellschaft anzuregen.
Black Friday: Ein künstliches Phänomen mit Potenzial zur Veränderung
Der Black Friday ist zweifellos ein Marketing-Phänomen, das in seiner Absurdität kaum zu überbieten ist. Zwar gibt es mitunter gute Schnäppchen, doch ein Großteil der Angebote basiert auf Manipulation und psychologischen Tricks. Die Frage, ob der Black Friday seinen Zenit erreicht hat, lässt sich noch nicht abschließend beantworten – aber die Zeichen stehen auf Veränderung.
Die zunehmende Skepsis der Verbraucher sowie die wachsende Gegenbewegung deuten darauf hin, dass der Black Friday langfristig an Bedeutung verlieren könnte. Vielleicht liegt die Zukunft in bewussterem Konsum und einem kritischeren Umgang mit solchen Massenphänomenen. Denn eines ist sicher: Wir brauchen nicht mehr Dinge, sondern mehr Bewusstsein – für unsere Finanzen, unsere Umwelt und unsere echten Bedürfnisse.